Donnerstag, 12. November 2009

Vor ein paar Tagen habe ich mir eine neue Jacke gekauft. Damit ich mich ein wenig wohler fühle und attraktiver erscheine extra eine von Jack Wolfskin. Allerdings ist sie nicht wirklich warm. Heute wollte ich sie umtauschen, aber wie ich mir schon dachte, klappte es nicht. Weil ein paar Etiketten fehlten. Jetzt ärgere ich mich über mich und den Laden; dabei habe ich auch noch innen die Jacke ein wenig im Vorfeld beschädigt, weil ich das rausgeschnittene Etikett ganz entfernen wollte, damit's nicht auffällt. Mir kommt die ganze Situation - das im Vorhinein wissen, daß ich scheitern werde oder das es nicht klappt und das der tatsächliche Mißerfolg so typisch für mich und meine negative Lebenseinstellung vor. Ich werde jetzt aus Frust noch eine, teurere Jacke im Internet kaufen. Mal sehen. Wenigstens ist das Hugo Boss Parfüm so gutriechend, wie ich es in Erinnerung hatte. Habe es per Versand bestellt. Ich nehme diese Änderungen an mir vor, um mich wohl zu fühlen und attraktiv, denn ich muß ja jetzt wieder. Als wir zusammen waren, habe ich mich zu sehr gehen lassen und dem keine Aufmerksamkeit geschenkt. Nun ist es zu spät und was neues so was von weit entfernt. Das Parfüm törnt mich an - ich werde erst mal wichsen müssen. Allerdings kriege ich oft gar keinen richtig hoch - ich denke, das sind die Pillen.
Es ist Abend und ich fühle mich Einsam. Was T. wohl gerade macht? Schläft sie schon? Was macht M.? Wie geht es ihnen?
Irgendwann beginnt, mein Leben wieder. Jetzt herrscht Stillstand. Dabei will ich weiter machen, was neues machen, Perspektive haben. Mich auf Morgen freuen. Jetzt ist mir alles egal und ich bin höchstens betrübt, wenn ich im Fernsehen sehe, wie andere Leute ihr Leben aktiv gestalten, es anpacken. Ich bin nur passiv. Nichts geschieht um mich herum. Ich komme nicht weiter. Bin ich zur Passivität verdammt oder ergebe ich mich nur in ihr? Die kleinen aktiven Momente, in denen ich meinen Shop aufrecht erhalte, zählen nicht. Wo bleibt das Große, das mich Aus- oder Erfüllende? Warum bin ich nur Zuschauer? Daran muß ich was ändern. Genau diese Passivität muß ich bekämpfen. Wenn ich nur wüßte, wie und womit. Und schon bin ich wieder passiv, ziehe mich zurück. Aber es wird keiner kommen und mich an der Hand nehmen. Früher wäre es eventuell M. gewesen. Jetzt bin ich wieder ganz allein. Als wären die letzten gemeinsamen Jahre nicht gewesen. Einzige Änderung ist T. Ist das alles, was mir von dieser Zeit bleibt? Wie soll es nur mit mir weitergehen? Ich sehe keine Zukunft. Niemand wird auf mich zukommen, an meine Tür klopfen und mir einen Weg zeigen. Aber wie soll ich rauskommen? Wohin soll ich gehen? Wo treffe ich Leute und es klappt dann auch. Nicht so wie bei der Feuerwehr. Das war ja ein Versuch, der im Grunde nichts gebracht hat. Ich brauche so dringend jemanden. Seit heute wird die Dosis eines der Antidepressiva schrittweise verringert. Möglich, daß ich deswegen so deprimiert bin. Aber an der tatsache ändert sich nichts, daß ich nicht sehe, wie es weitergehen soll. Aber so bewußt war es mir die letzten Tage nicht. Die Depression ist also noch lange nicht überstanden. Ich gehe jetzt ins Bett, um zur Ruhe zu kommen und wieder ein Tag hinter mich gebracht zu haben. Ich muß aufpassen, daß ich keine Suizidgedanken entwickle. Also schnell die Tabletten für die Nacht einschmeißen.
Ich liege im Bett und die Gedanken kreisen. Immer darum, daß ich alleine bin. 14 Jahre. Als wären sie nicht gewesen. Nichts hat sich geändert. Damals war ich allein. Und auch verzweifelt und traurig. Damals in etwa muß ich das erste mal Tagebuch geschrieben haben. Muß vor M. und vor A. gewesen sein. Und auch damals habe ich versucht mich in den Kauf von schicken Klamotten (damals eine Jeans) zu flüchten und dadurch zu hoffen, daß sich was ändert. Aber es hat sich nichts geändert. Ich habe mit zwei Frauen geschlafen, ein Kind bekommen und bin wieder allein. Hat es sich gelohnt, dafür zu leben? T. ist mir lieb und es gab auch schöne Momente. Aber absolut betrachtet stehe ich wieder am Anfang und blicke auf eine traurige Bilanz. 14 oder 16 Jahre und nur zwei Frauen gefickt. Wenn es wenigstens mit der einen weitergehen würde. Dann wäre da was. Die Lebensrechnung wäre noch offen. Aber so habe ich die Rechnung bekommen und blicke auf eine traurige Bilanz. Scheiße. Ich hoffe das liegt an den weggelassenen Pillen, daß ich so trübsal blase. Aber dann wird's noch schlimmer werden.